„LinkedIn ist für jedes B2B-Unternehmen die richtige Plattform“

Im Business-Netzwerk LinkedIn sind 18 Millionen Nutzer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz aktiv. Damit wird die Plattform für das Marketing und den Vertrieb von B2B-Unternehmen immer interessanter. Kathleen Höller ist Head of Marketing der Hamburger Agentur InnoOne, die B2B-Unternehmen bei ihrer LinkedIn-Strategie berät. Im Interview zeigt sie die Chancen auf, welche die Plattform Unternehmen bieten kann.

Kathleen Höller ist bei der Hamburger Agentur InnoONE, die sich auf LinkedIn Marketing für IT-, Software- und Fintech-Unternehmen spezialisiert hat, als Head of Marketing tätig. (Foto: Höller)

Weshalb ist LinkedIn für Unternehmen ein so attraktiver Kommunikationskanal?

Ich glaube tatsächlich, dass die letzten zweieinhalb Jahre mit Covid vielen Unternehmen gezeigt haben, dass sie in Bezug auf die klassischen Marketing- und Vertriebswege umdenken müssen: Messen sind weggefallen und Printmedien werden immer schwieriger. Da haben ganz viele Unternehmen gemerkt, dass sie im Online Marketing und im Online-Vertrieb aktiv werden müssen. Meiner Meinung nach ist LinkedIn für jedes B2B-Unternehmen die richtige Plattform. Auf keiner anderen Plattform – wie etwa Meta beziehungsweise Facebook – findet man so viele Entscheider. 

Nun möchte ich also als Unternehmen mit LinkedIn Leads generieren. Was brauche ich für den Start? Was sind die Grundvoraussetzungen?

Die Grundvoraussetzung, um auf LinkedIn aktiv zu werden, ist ganz einfach ein persönliches Profil und im besten Fall auch eine Unternehmensseite. Beides muss ich richtig aufbauen. Das ist das Aushängeschild des Unternehmens oder des Mitarbeiters auf dieser Plattform. Wir nennen das das Fundament. Darauf baut alles auf. Wenn ich auf LinkedIn aktiv werden möchte, dann sollte ich mir erstmal mein persönliches Profil anschauen und dann die Unternehmensseite anschauen und da dann in den ersten Schritten aktiv werden. Ich nenne das auch gerne eine Mini-Landingpage auf LinkedIn.

Nun heißt es ja im Vertrieb immer: „Menschen kaufen von Menschen“. Die Philosophie von LinkedIn ist auch sehr stark personenzentriert. Ein Vertriebler wird dort ja auch gerne seine Pipeline pflegen und im Idealfall sogar von Interessenten kontaktiert werden, wenn ein Bedarf entsteht. Aber wie bringt man jetzt Mitarbeiterprofile und Firmenprofil intelligent zusammen?

Das ist ein ganz wichtiger Punkt: Menschen kaufen von Menschen. Häufig kommen Kunden auf mich zu und sagen, wir möchten nicht persönlich im Vordergrund stehen, wir möchten gerne das Unternehmen in den Vordergrund stellen. Und dann sage ich auch immer, im Endeffekt kaufen Menschen von Menschen. LinkedIn hat immer noch einen sehr starken Fokus auf das Thema Personal Branding. Das heißt, es kann aktuell nur mit den persönlichen Profilen kommuniziert werden. Wobei ich die Information mitgeben kann, dass LinkedIn schon aktiv daran arbeitet, dass auch die Unternehmensseiten attraktiver werden. Mit dem Ziel, dass man mit diesen Unternehmensseiten aktiver mit der Zielgruppe kommunizieren kann. Aber aktuell funktioniert der Algorithmus auf beiden Profilarten unterschiedlich. Das heißt, neben der Unternehmensseite ist es auch superwichtig, dass man die persönlichen Profile der Mitarbeitenden berücksichtigt. Dass zumindest mal der Geschäftsführer, Vertrieb und Marketing ordentliche Mitarbeiterprofile haben, die aussagekräftig sind. Und dass man dem Unternehmen auf LinkedIn Gesichter gibt.

Das heißt, man muss die richtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazu bringen, dort aktiv zu werden. Aber wahrgenommen wird man ja auch nur dann, wenn man regelmäßig Inhalte veröffentlicht. Einerseits sagen viele Berater, die Inhalte sollten hochwertiger Business-Content sein. Auf der anderen Seite sieht man auch auf LinkedIn – ich will nicht sagen Katzencontent – aber doch, dass persönlichere Themen gepostet werden, die ich eher auf Instagram vermutet hätte. Wie siehst Du die Balance zwischen inhaltlichem Nutzen und eher weicheren Themen?

Das ist meiner Meinung nach ein etwas schwierigeres Thema. Ja, das ist richtig, persönlicher und emotionaler Content kommt extrem gut an und bringt häufig eine viel größere Reichweite, als wenn ich über Software spreche. Ich sage immer, es müssen ja nicht direkt Katzenbilder oder zum Beispiel auch Urlaubsfotos sein, aber wir selber verfolgen das ja bei uns auch, dass wir bestimmten Themen einen persönlichen Touch geben. Also man fügt zum Beispiel einem Post ein Foto von sich am Schreibtisch hinzu oder man berichtet über seinen Arbeitsalltag oder darüber, dass man auf einem Kundentermin war oder auf einer Messe. Das sind ja auch businessbezogene Themen mit einem persönlichen Touch. Und so – denke ich – bekommt man eine sehr gute Balance. Denn was bringt einem der Content mit 1000 „Likes“, wenn am Ende von diesen 1000 „Likes“ niemand bei mir kaufen oder mit mir zusammenarbeiten möchte? Da geht Qualität absolut vor Quantität. Dann lieber zehn „Likes“ von meinen potenziellen Neukunden. Da habe ich viel mehr davon.

LinkedIn verfügt auch über einen Sales Navigator, der kostenpflichtig gebucht werden kann. Was ist der Mehrwert und wie funktioniert dieses Tool?

Der Sales Navigator ist eine Erweiterung, direkt von LinkedIn. Wie Du schon gesagt hast, muss ich die monatlich mieten. Ganz wichtig ist auch, dass der Sales Navigator immer zu einem persönlichen Profil gehört, nicht zu einem Unternehmen. Meiner Meinung nach lohnt sich der Sales Navigator zu 100 Prozent, wenn man aktiv werden möchte mit den persönlichen Profilen. Ich kann im Sales Navigator anhand von ganz einfachen Kriterien, wie der Region, der Branche oder dem Tätigkeitsbereich meine Zielgruppe und meine Ansprechpartner herausfiltern. LinkedIn hat über 18 Millionen Mitglieder. Das ist dann ein bisschen wie die Nadel im Heuhaufen suchen. Das nimmt einem der Sales Navigator ab.

Gut, das ist ja gerade in den Zeiten der DSGVO das Kapital von Microsoft, dass man, wenn man dort mitmacht, zustimmt, dass die eigenen Daten zugänglich sind. Das ist sicherlich etwas, was es jeden im Vertrieb tätigen in den Fingern jucken lässt, Zielgruppen präzise zu segmentieren. Aber wie schätzt Du denn den Aufwand ein, um damit erfolgreich zu arbeiten?

Natürlich funktioniert der Prozess nicht von allein. Das hat etwas mit manuellem Aufwand zu tun, wofür man Kapazitäten fest einplanen muss. Wir empfehlen hier täglich 30 bis 60 Minuten.

Dann habe ich noch eine Frage zur Netiquette: Jetzt habe ich vielleicht eine interessante Person identifiziert. Was wäre denn eine angemessene Form sich jemandem zu nähern, ohne mit der Tür ins Haus zu fallen?

Qualität geht vor Quantität. Wenn man eine eher kleinere Zielgruppe hat, sollte man sich die Zeit nehmen, sich das Profil und die Beiträge anzusehen, mal im Vorfeld etwas zu „liken“ oder einen Kommentar zu hinterlassen. Auf Content kann man extrem gut eingehen und man kann sich darauf beziehen, wenn man sich vernetzen möchte. Dann merkt der derjenige, dass man sich mit seinen Themen beschäftigt hat und entdeckt womöglich Gemeinsamkeiten.

Dann gibt es ja auch noch die Möglichkeit, Werbung auf LinkedIn zu schalten. Wie schätzt Du diese Option von den Kosten und vom Gegenwert her ein?

Bei LinkedIn-Werbung muss man vorwegnehmen: Es ist nicht günstig. Die Zielgruppe sollte mindestens 20.000 bis 25.000 potenzielle Ansprechpartner haben, damit sich LinkedIn-Werbung überhaupt lohnt. Das kann man im Vorfeld sehr gut über den Sales Navigator identifizieren. Und dann ist es so, dass man ein Werbebudget von 2.000 Euro im Monat einplanen sollte. Das ist leider kein Lichtschalter-Marketing, wo ich den Hebel umlege und am nächsten Tag ist meine Lead-Pipeline komplett gefüllt. Wir sagen, dass man mit circa drei bis sechs Monaten rechnen sollte. Dann hat man schon die ersten Abschlüsse gemacht. Je nach Strategie, kann man aber auch schon in den ersten Wochen konkrete Leads generieren, mit denen der Vertrieb arbeiten kann.

Im Vertrieb spricht man ja auch von den Huntern und Farmern. Die Farmer sind in diesem Bild diejenigen, die höherwertige Produkte oder Services in längerfristigen Sales Cycles verkaufen. Um in diesem Bild zu bleiben: Wenn der Farmer jetzt seine Profile aufbaut und regelmäßig interessante Inhalte postet und sich vernetzt, wann kann er dann, salopp gesagt, mit einer Ernte rechnen?

Wir arbeiten hauptsächlich mit Unternehmen zusammen, die sehr komplexe Lösungen haben, sei es im Software-, IT-, oder Fintech-Bereich. Wenn man sich in solchen Branchen bewegt, braucht man eine gewisse Zeit, bis die Zielgruppe das Thema versteht, vor allem aber auch die Vorteile. Und da wollen wir auf LinkedIn ja auf Qualität setzen und nicht auf Quantität. Das heißt, um da jetzt mal eine Zahl zu nennen, wir kalkulieren auch bei dem Thema Direktansprache – also Social Selling – zwischen drei und sechs Monate ein. Also, dass man nach drei Monaten auch mal die ersten konkreten Gespräche vereinbart und dass sich dann so ab sechs Monaten die ersten Ergebnisse einstellen, was für viele Kunden aus unseren Branchen tatsächlich ein sehr kurzer Sales Cycle ist.

Wenn ich als Unternehmen eine Summe Geld in den Aufbau dieses Marketing- oder auch Vertriebskanals stecke, dann habe ich die Herausforderung, dass die Kontakte von einer Person gemacht werden und nicht von der Firma. Und die Person kann, im Vertrieb ist das ja auch nicht völlig unüblich, in zwei Jahren woanders hingehen. Ich habe also das Risiko, dass meine Investition zur Konkurrenz abwandert.

Wir empfehlen deshalb häufiger, vielleicht das Geschäftsführer-Profil zu nehmen, da dort die Wahrscheinlichkeit des Wechsels doch etwas geringer ist. In unserer Strategie legen wir den Fokus darauf, langfristig das Unternehmen aufzubauen, also wirklich auch die Marke in den Vordergrund zu stellen. Dazu ist es wichtig, dass man die Kontakte, die über das persönliche Profil geknüpft werden auch auf die Unternehmensseite überführt, also die Kontakte sozusagen weiterleitet. Zudem sollte man Content nicht nur auf dem persönlichen Profil, sondern auch auf der Unternehmensseite posten. Und man sollte die Kontakte auf die Unternehmensseite aufmerksam machen.

Das Interview führte Rainer Hill, PR Manager des IT-Unternehmens Nissen & Velten, Stockach. Erschienen ist der Text erstmals in der Kundenzeitung des Unternehmens. Wir danken für die freundliche Freigabe.

Das ausführliche Interview lässt sich als Episode des Podcasts „Digitalisierung im Großhandel“ nachhören: https://www.nissen-velten.de/mediathek/podcasts/podcast-mit-linkedin-neue-kunden-gewinnen/

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