Bürsten gesucht
In diesem Winter machten Fotos von schneefreien Skipisten und Hängen in den Alpen die Runde in den Medien. Und vereinzelt fiel der Blick auf Alternativen, auch abseits vom Kunstschnee. Matten, Kunststoffspaghetti und Bürsten seien mögliche Lösungen, berichtete beispielsweise die Süddeutsche Zeitung Anfang März. Schnee von morgen in Form von Kunststoffmatten bietet das deutsche Unternehmen Skitrax aus Oberaudorf. Allein, ihm fehlen spezielle Bürsten für eine besondere Anwendung.
Wolfgang H. P. Schmidt, Geschäftsführer von Skitrax World, wären bis in tiefe Lagen schneesichere Winter das Liebste, aber die Klimaentwicklung lässt erwarten, dass für die Zukunft für das Skifahren alternativeUntergründe gesucht und bereitgestellt werden müssen – zumindest in Skiregionen unterhalb von 1.500 bis 2.000 Metern über dem Meer. Er ist mit seinem Unternehmen einer der führenden Anbieter solcher Lösungen und hat bereits zahlreiche Skigebiete, Sommerskigebiete, Sommerbahnen ausgestattet. Nicht Kunstschnee, für den es oft auch im Winter in niedrigeren Lagen zu warm ist, sondern Kunststoffschnee ist seine Alternative.
In seinem Heimatskigebiet in Oberaudorf kommen zum Beispiel die Kunststoffmatten mit der Typenbezeichnung „Schnee von morgen“ zum Einsatz. Diese sind zu 80 Prozent aus Recyclingkunststoff, Rezyklat aus der Haushaltssammlung, hergestellt und zu 100 Prozent recycelbar. Die Kunststoffmatten haben unter normaler Anwendung eine Lebensdauer von mindestens zehn Jahren und können am Ende ihrer Lebensdauer vollständig wiederverwendet werden. Skitrax World bietet dafür einen Closed Loop-Service an, bei dem ausgediente Matten zum Recycling zurückgenommen werden, um neue Gleitmatten herzustellen.
Gleitmittel für die Haltbarkeit der Matten
Zum Saisonstart oder auch bei Mattenskigebieten im Sommer müssen diese Kunststoffmatten mit einem eigens von Skitrax entwickelten Gleitmittel bestrichen werden, um einerseits das Gleitverhalten der Ski zu verbessern, andererseits die Lebensdauer der Matten zu erhöhen und gleichzeitig den Abrieb von Mikroplastik zu reduzieren – Effekte, die in jedem einzelnen Fall sinnvoll und wünschenswert sind.
„Für den Auftrag des Mittels zum Saisonstart aber auch im laufenden Betrieb sind wir auf der Suche nach speziellen Bürsten, die wir bislang auf dem Markt nicht ausfindig machen können“, so der Geschäftsführer. Dabei hat er sehr genaue Vorstellungen, wie diese Bürsten aussehen sollten: „Ein Mattenskigebiet muss am Saisonstart mit unserem Öko-Gleitmittel Slide Liquid eingepinselt werden. Um dies gleichmäßig auftragen zu können, suchen wir einen Behälter oder eine Wanne von etwa einem Meter Breite, in den oder die das Gleitmittel hineingegeben wird und dann mit einer Art Bürste gleichmäßig auf die Matten aufgetragen werden kann. Funktionieren könnte dies wie ein Rasenmäher, nur dass dort aus einer Wanne heraus über die Bürsten eine feine Schicht des Gleitmittels auf die Matten aufgetragen wird.“
Nicht allein für den Saisonstart ist die Bürste für Wolfgang H. P. Schmidt ein Thema, auch für den laufenden Betrieb sieht er einen kontinuierlichen Einsatz einer Bürste zum Auftragen des Gleitmittels. Grundsätzlich besteht das Problem darin, dass die meisten Ski nicht gewachst sind und daher die Gleitfähigkeit niedrig ist. Für den Sommerbetrieb lässt sich hinter dem Förderband ein dünnes Vlies auslegen, das mit dem Gleitmittel getränkt ist. Somit fährt jeder über dieses Vlies und nimmt automatisch die Flüssigkeit unter dem Ski mit auf die Piste und hat ein optimales Skifahren.
Schwieriger wird die Situation im Winter in den Gebieten, die nicht schneesicher sind. „Da immer mehr Mattenskigebiete auch für die Winterzeit genutzt werden, haben wir überwiegend „Zwitterpisten“, also teilweise kein Schnee, teilweise Schnee, dann viel Schnee, dann taut der Schnee und es soll dann auf den Matten weiter Ski gefahren werden. Mit dem Vlies am Boden am Ausstieg kommen wir nicht so richtig weiter, weil es eingeschneit ist,“ berichtet Schmidt. Auch hier sieht er als Lösung eine Wanne von etwa einem Meter Breite mit einer integrierten Bürste, die am Ende des Förderbandes in den Ausstieg flexibel eingebaut wird. Somit fährt jede Skifahrerin und jeder Skifahrer am Ausstieg über diese Bürste und bekommt automatisch das Gleitmittel unter den Ski aufgetragen. Auch falsch oder gar nicht gewachste Ski bekommen so eine optimale Gleitfähigkeit. „Wenn sich im Winter viel Schnee ankündigt, wird diese Wanne mit Bürste herausgenommen und mit Matten abgedeckt. Taut es und die Matten sind wieder sichtbar, wird die Wanne wieder eingesetzt“, ist die Planung des Skitrax-Geschäftsführers. „Hier sind wir auf der Suche nach geeigneten Bürsten beziehungsweise Bürstenherstellern, die uns unterstützen, diese Lösungen zu realisieren.“ Die Bürstensysteme können laut Schmidt sowohl für Winterskigebiete als auch für Sommerskipisten mit Schleppliften genutzt werden. „Somit hätten wir im Sommer und im Winter bei den unterschiedlichen Bedingungen ein funktionierendes System anzubieten.“
Erhalt auch kleiner Skigebiete
Neben dem Spaßfaktor, weiter auch in niedrig gelegeneren Gebieten Skifahren zu können, hat die Ausstattung jener Skigebiete mit der Mattentechnik auch einen wirtschaftlichen wie ökologischen Aspekt: „Deutlich mehr als die Hälfte der CO2-Emissionen beim Skifahren entstehen durch die immer längere Anreise per Auto, insbesondere zu höher gelegenen Alpenskigebieten und deren Gletschergebieten, „erläutert Wolfgang H. P. Schmidt, „aus diesem Grund ist es wünschenswert, dass auch kleinere Skigebiete weiterhin existieren und Skisicherheit anbieten können. Ob Anfänger oder Fortgeschrittener, nur wer weiß, dass er Skifahren kann, fährt zu einem Skigebiet.“
Aus seiner Sicht brauchen sich Skigebiete, die oberhalb von 1.500 Metern liegen und mit Gondeln und Speed-Sesselliften zu erreichen sind, derzeit hinsichtlich Schneesicherheit noch keine großen Sorgen zu machen. „Allerdings“, so Schmidt, „haben diese Gebiete auch eine Talstation, die das Mekka für Anfänger und Kinderskischulen darstellt – also die Zukunft des alpinen Wintersports. Welche Auswirkungen hätte es, wenn diese Zielgruppe in Zukunft nicht mehr Skifahren würde?“ Die Bürstensysteme würden hier also einem guten Zweck dienen.