Zielstrebig Richtung Zukunft
Erfolgreich am Markt zu agieren bedeutet stetige Anpassung und Veränderung. Das ist auch bei Zahoransky in Todtnau nicht anders. Deshalb wird beim Maschinenbauer umstrukturiert und es werden neue Geschäftsfelder erschlossen. Dabei werden die Wurzeln des Unternehmens keineswegs vergessen, es kommt ihnen sogar zugute. Über die Marktsituation und die Veränderungen sprachen wir mit Robert Dous, Gesamtvertriebsleiter bei Zahoransky.
Wie hat sich der Maschinenmarkt in den letzten eineinhalb bis zwei Jahren entwickelt, sind die Corona-Verwerfungen überwunden?
Die Pandemie hat sich auf die unterschiedlichen Branchenbereiche auch unterschiedlich ausgewirkt, so gab es im Segment Haushaltsbürsten und Technische Bürsten nur geringe Auswirkungen. Das sieht im Oral Care Markt etwas anders aus. Hier herrscht durch weltweite Krisen und Supply Chain eine allgemeine Zurückhaltung. Große Markenartikler, Discounter und Private Label-Marken haben Lagerbestände aufgebaut , die über einen längeren Zeitraum bis heute wieder abgebaut werden. Dadurch war und ist die Investitionstätigkeit in Maschinen geringer geworden. Erfreulich war die Entwicklung in dem für uns neuen Marktsegment Medizintechnik. Hier konnten Großaufträge für Maschinen für Impfstoffbehälter und vorgefüllte Spritzen akquiriert werden.
Als Maschinenhersteller, zumal in Deutschland, muss man sich mit dem Thema Automation beschäftigen. Wie stark wird Automation von den Bürstenherstellern nachgefragt und welches Potenzial hat die (deutsche) Bürstenindustrie aus Ihrer Sicht in Sachen Automation?
Eine umfassende Automation wird im Bürsten- und Besenbereich noch eher zögerlich nachgefragt, das hat aber Gründe, die nicht in einer Zurückhaltung gegenüber der Automation selber zu suchen sind. So haben viele Bürstenhersteller in den Hochlohnländern ein großes Produktportfolio. Das zwingt sie, flexibel zu sein und ihre Maschinen schnell umrüsten zu können. Dies ist bei stark automatisierten Anlagen nur aufwendig umzusetzen und kostet daher zu viel Zeit. In den Niedriglohnländern lohnt sich hingegen Automation häufig noch nicht, weil die Lohnkosten gering sind und auch die geschulten Fachkräfte für Automationsanlagen oftmals nicht zur Verfügung stehen.
Mit steigenden Stückzahlen der einzelnen Produkte steigt auch der Automatisierungsgrad. So ist dieser, je nach Lohngefüge, im Oral Care Segment grundsätzlich höher. Typische Automatisierungsansätze sind dabei zum Beispiel Zuführsysteme, Tray Loader, Roboter, Farbsortierungssysteme, Qualitätskontrollen oder die Integration des Verpackungsprozesses. Ein gutes Beispiel für das, was machbar ist, sind unsere vollautomatischen Anlagen für Interdentalbürsten Z.IDP. Bei diesen werden Granulat, Filament und Draht zugeführt. So werden fertig verpackte Bürsten hergestellt – ohne Bediener, voll automatisiert und rund um die Uhr.
Es ist häufig zu hören oder zu lesen, dass die deutsche Industrie nicht mehr konkurrenzfähig ist. Würden Sie dies speziell mit Blick auf die Bürstenindustrie bestätigen?
Aus technischer Sicht ist die Bürstenindustrie hierzulande definitiv konkurrenzfähig. Die Herausforderung sind die Kosten. Importe aus Asien oder Osteuropa sind häufig um ein vielfaches günstiger in der Herstellung, hier kommen aber unkalkulierbare Logistikkosten, Supply Chain-Probleme und die größer werdende Bedeutung von Time-to-market hinzu, die es importierenden Unternehmen nicht unbedingt einfacher machen. Es gibt glücklicherweise auch gute Beispiele, wo deutsche Hersteller durch Automatisierung, Materialeinsatzeinsparung und intelligentes Produktdesign mehr als wettbewerbsfähig sind.
Die Keimzelle und viele Jahre der Fokus des Unternehmens war die Herstellung von Maschinen zur Produktion von Bürsten. Hat sich in den letzten Jahren daran etwas geändert und wodurch wurde, wenn ja, das ausgelöst?
An der Ausrichtung der Unternehmensaktivitäten hat sich nichts geändert. Die Maschinen und Anlagen für Bürsten, Besen und Zahnbürsten machen weiterhin etwa zwei Drittel unseres Umsatzes aus. Rechnet man die Spritzgießformen für Zahnbürsten noch dazu, dann ist der Anteil sogar noch größer. Wir sind also nach wie vor sehr stark in dieser Branche beheimatet. Richtig ist aber auch, dass dieser Markt begrenzte Wachstumschancen bietet, nicht zuletzt deshalb, weil unsere Maschinen immer schneller werden und das Nachfragepotenzial nicht überproportional steigt. Zudem haben wir als Maschinenbauer mit den zunehmenden asiatischen Kopien zu kämpfen. Deshalb expandieren wir in andere Märkte hinein und haben festgestellt, dass uns der Medizintechnik-Markt Chancen bietet. Hier haben wir in den letzten Jahren interessante Lösungen entwickelt, für die es ein großes Potenzial gibt.
Wird sich die breitere Kompetenz Ihres Unternehmens auf die angebotenen Maschinen für die Bürstenherstellung auswirken?
Das ist heute bereits der Fall, denn wir lernen eine Menge im Segment der Medizintechnik, insbesondere im Hinblick auf den gesamten Bereich der Automatisierung. Hier haben wir bereits und werden auch weiterhin Synergien für die Bürstenindustrie erarbeiten können. Diese beziehen sich insbesondere auf die Prozesssicherheit und Time-to-market, die insbesondere vom “Digitalen Zwilling” und der “Plant Simulation” profitieren. Aber auch beim Thema Qualitätskontrolle wird es positive Effekte geben. Ein gutes gutes Beispiel für diese Entwicklung sind unsere vollautomatischen 40 Meter langen Produktionsanlagen für die Herstellung von Aufsteckbürsten für elektrische Zahnbürsten.
In einigen Wochen findet eine zentrale Messe- und Kommunikationsplattform der Bürstenbranche statt, auf der Sie nicht vertreten sind. Wollen Sie die Gründe für die Entscheidung noch einmal erläutern?
Wir haben unsere Gründe für diese Entscheidung in zahlreichen Gesprächen bereits zum Ausdruck gebracht. Ein Messeformat wie die Interbrush und das kommende Nachfolgeformat sind für uns in der derzeitigen Form wirtschaftlich nicht vertretbar. Für realistisch gerechnet maximal 2,5 Messetage einen Stand von der notwendigen Größe aufzubauen und zu betreuen steht aus unserer Sicht bezogen auf die Zahl der Besucher und die Möglichkeit, vertiefende Gespräche zu führen, nicht in einem zufriedenstellenden Verhältnis. Unsere Erfahrung zeigt zudem, dass Investitionen im Hinblick auf den Messetermin verschoben und dort getätigt wurden, so dass ein wirklicher Zusatzumsatz nicht generiert werden konnte. Zudem wird es immer schwieriger, beratungsintensive und komplexe Produkte in dem Messetrubel zu verkaufen.
Als zweiter Faktor spielt der Vier-Jahres-Rhythmus der Messe eine Rolle, der für uns als Innovationszyklus zu lang ist. Innovationen richten sich, wie die letzten Jahre gezeigt haben, jedoch mehr nach der Nachfrage und freien F&E-Kapazitäten. Deshalb sind wir darauf angewiesen, vorhandene Innovationen schnell dem Markt zu präsentieren und damit unseren Wettbewerbsvorteil zu sichern.
Vor diesem Hintergrund haben wir versucht, mit der Messe Freiburg, den Verbänden und unseren Marktbegleitern ein neues, modernes Format einer Branchenveranstaltung zu erarbeiten, konnten hier aber keinen gemeinsamen Nenner finden. Für uns hatte dies die Konsequenz, die Teilnahme an der Interbrush beziehungsweise der WBE auszusetzen. Ich wähle bewusst diesen Begriff, da wir selbstverständlich die Entwicklung intensiv beobachten und nicht grundsätzlich ausschließen wollen, bei zukünftigen Veranstaltungen wieder dabei zu sein.
Die Abstinenz von der Messe hat aber nichts mit unserem eindeutigen Commitment zur Bürstenindustrie und den Verbänden in Deutschland, Europa und den USA zu tun. Denn diese Industrie ist unsere Wurzel und wird weiterhin unsere Kernkompetenz bleiben. In den Verbänden werden wir auch in der Zukunft präsent sein und aktiv mitarbeiten.