Pinsel- und Bürstenhersteller planen nachhaltig und langfristig
Matthias Peveling ist Geschäftsführer der Wöhler Brush Tech GmbH in Bad Wünnenberg und gleichzeitig Vorsitzender des Verbandes der Deutschen Pinsel- und Bürstenhersteller e.V.. Im Interview wollten wir von Ihm deshalb zum einen seine Einschätzung der Branchensituation erfahren. Und selbstverständlich haben wir zum anderen auch über die aktuelle Verbandsarbeit und die Erwartungen an die im nächsten Jahr anstehende World Brush Expo in Bologna gesprochen.
Wie ist das erste Halbjahr für die Pinsel- und Bürstenhersteller sowie die Maschinenanbieter verlaufen? Was waren markante hemmende oder beschleunigende Faktoren?
Unsere Auftragsbücher sind nach wie vor gut gefüllt, jedoch bereitet uns die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung im laufenden Jahr Sorgen. Wie der VDMA meldet, sind die weltweiten Bestellungen für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau im Juni, um real 15 Prozent gesunken. Aus dem Inland kamen dabei 18 Prozent weniger Aufträge. Aus dem Ausland waren es 14 Prozent weniger Aufträge.
Hemmnisse für diese zumeist großen Investitionen können u.a. durch politische Unsicherheiten, Inflation bzw. einhergehende steigende Zinsen entstehen. Die Nachfragesituation aus Asien hat sich seit der Pandemie nicht wieder erholt. Diverse politische Konflikte belasten auch dort die Investitionsbereitschaft. Es ist zu beobachten, dass einige Firmen Produktionen aus Asien wieder nach Europa oder die USA zurückverlagern.
Spüren Sie als Maschinenhersteller eine Investitionszurückhaltung von produzierenden Unternehmen vor allem in Deutschland bzw. Europa?
Die gute Nachricht ist, dass in unserer Pinsel- und Bürstenherstellerbranche die Firmen sehr nachhaltig und langfristig ihre Investitionen planen und es somit nach wie vor eine gute und hohe Nachfrage für Maschinen und Automatisierungstechnik gibt. Wie der VDMA ebenso vermeldete, zeigten die Aufträge aus dem Euro-Raum eine vergleichsweise „positivere“ Entwicklung, weil der Rückgang bei den Bestellungen lediglich zwei Prozent beträgt. Diese Zahlen geben uns Hoffnung, dass Europa trotz multipler Krisen weiterhin stark und resilient ist.
Welches Potenzial haben technische Weiterentwicklungen und/oder KI, wird dieses Potenzial von den Pinsel- und Bürstenherstellern ausreichend genutzt?
Das ist eine sehr spannende Frage. KI ist ein Oberbegriff einer Technologie, welche bereits in vereinzelten Maschinenbauunternehmen angewendet wird. Wie mit vielen anderen aktuellen Technologien sind diese anfangs noch sehr aufwendig und teuer, außerdem werden damit aktuell weitere Erfahrungen gesammelt. Aufwand und Nutzen müssen dabei in einem gesunden Verhältnis stehen, damit diese Technologie für uns und unsere Kunden interessant wird.
Grundsätzlich sind technische Weiterentwicklungen, insbesondere im Maschinen- und Anlagenbau, das Tagesgeschäft. Es gibt stetig neu entwickelte Komponenten, vor allem in der Steuerungs- und Regelungstechnik, diese Entwicklungen treiben wir mit unseren Lieferanten aktiv voran und erfüllen somit die Wünsche unserer Kunden.
Neuentwicklungen und ein steigender Automatisierungsgrad können sehr teuer werden, deshalb
versuchen wir immer nah an unseren Kundenbedürfnissen zu bleiben, damit sich die hohen Investitionen weiterhin rechnen und schnellstens amortisieren. Eine zunehmende Automatisierung soll oftmals vor allem die Bedienung von Maschinen erleichtern und erhöht idealerweise die besonders wichtige Maschinen- bzw. Gesamtanlageneffektivität. Im Gegenzug steigt oftmals auch die Komplexität der Maschine, womit einhergehend der Aufwand für die Fehleranalyse im Service und der Aufwand im Falle einer Wartung steigt.
Zur Verbandsarbeit: Worin liegen aktuell die zentralen Aufgaben des Verbandes, welche Themen bestimmen die Lobbyarbeit?
Gemäß Satzung vertritt der Verband der Deutschen Pinsel- und Bürstenhersteller e.V. die allgemeinen, ideellen, fachlichen, wirtschaftlichen und sozialpolitischen Interessen seiner Mitglieder gegenüber der Öffentlichkeit, den Behörden und sonstigen Institutionen. Ziel ist es ferner, die Beziehung und Zusammenarbeit seiner Mitglieder zu verbessern und zu fördern.
Der Verband ist die Plattform des Berufsstandes der Pinsel- und Bürstenhersteller. Er pflegt das Image dieses Berufs und betreibt dafür Öffentlichkeitsarbeit, fördert die Berufsausbildung und den Erhalt des Fachwissens. Die gute Zusammenarbeit mit der Berufsschule und dem Deutschen Pinsel- und Bürstenmuseum in Bechhofen dienen der Erreichung dieser Zielsetzungen. Ferner werden das Bürsten- und Heimatmuseum in Schönheide und das Bürstenmuseum in Todtnau unterstützt.
Über den Deutschen Verband sind alle Mitglieder automatisch auch Teil des Europäischen Verbands, dem F.E.I.B.P., in dem europäische Interessen, insbesondere die Vertretung der Mitglieder gegenüber der EU-Kommission und internationalen Organisationen wahrgenommen werden. Der Deutsche und Europäische Verband sollen die Beziehungen zwischen den Mitgliedsfirmen auf europäischer Ebene verbessern und die Zusammenarbeit fördern.
Beispielsweise zeigt der Verband Verstöße gegen falsche Deklarierungen bzw. Irreführungen von Importwaren an. Ferner arbeitet der Verband an Normen und Regelwerken und bringt diese in die entsprechenden EU Gremien ein. Hier gibt es immer wieder neue Themen. So stellen die neue Produktsicherheitsverordnung, die Richtlinie gegen entwaldungsfreie Lieferketten und die geplante „Green-Claims“-Richtlinie zur Regelung von umweltbezogenen Werbeaussagen die Unternehmen vor enorme Herausforderungen, ganz zu schweigen von den EU-weit unterschiedlichen Verpackungsgesetzen.
Welche zentralen Aufgaben sehen Sie für sich in der laufenden Amtszeit als Vorsitzender des VDPB?
Wie sagt man so schön: Als Vorsitzender darf man verwalten und gestalten. Ich bin sehr froh, dass wir in meiner Amtszeit das Thema des rollierenden Vorstandes verabschiedet haben, weil es aus Erfahrung immer schwieriger wird, für die Vorstandsarbeit zu begeistern. Eine Modernisierung der Vorstandsgewinnung war deshalb für den Verband besonders wichtig. An dem Konzept und der Durchführung hatten wir über ca. zwei Jahre gearbeitet und diskutiert, ich bin mir sicher, dass wir als Verband ab sofort besser aufgestellt sind.
Außerdem hat der Verband auf Anfrage von Mitgliedern ein Fortbildungsprogramm, zur Weiterqualifizierung in modernen Managementmethoden von Beschäftigten, angeboten. Die Durchführung hätte dabei das Institut CETPM in Herrieden übernommen, mit dem einige Mitglieder bereits sehr erfolgreich zusammenarbeiten. Der Verband hätte seine Mitglieder mit einer anteiligen Kostenübernahme unterstützt. Ein weiterer Vorteil wäre die Förderung des Austausches zwischen den Mitgliedsfirmen innerhalb unserer Branche gewesen. Auslöser für diesen Bedarf war, dass die Meisterkurse und -prüfungen aufgrund zu geringer Nachfrage aktuell nicht angeboten werden, man den Beschäftigten aber eine Weiterqualifizierung in interessanten und komprimierten Fachblöcken bieten wollte. Leider konnten auch über den Verband die Mindestteilnehmerzahlen nicht erfüllt werden und das Programm wurde zunächst auf unbestimmte Zeit verschoben.
Erfolgreich abschließen konnten wir dagegen die Gewinnung von Experten für die Besetzung des Heimarbeitsausschusses unserer Branche.
Ein wenig zeitaufwendiger waren die Gespräche zur Neuausrichtung der ehem. Messe Interbrush in Freiburg. In Zusammenarbeit mit dem Europäischen und Amerikanischen Verband ist daraus die World Brush Expo entstanden, die im Jahr 2024 in Bologna in Italien stattfinden wird. Als Teil des Europäischen Verbandes nehmen Verbands-Geschäftsführer Thomas Holland-Letz und ich als
Vorsitzender regelmäßig an den Onlinesitzungen des FEIBP-Vorstands teil. Dabei unterstützen wir bei den organisatorischen Fragen zur World Brush Expo (WBE) 2024 ebenso wie für die jährlichen Verbandstreffen, welches in diesem Jahr in Belfast, Nordirland stattfinden wird.
Zur Branchenmesse: Welche Erwartungen haben Sie an die WBE im kommenden Mai in Bologna, ist die Veranstaltung auf dem Weg, diese Erwartungen zu erfüllen?
Die WBE 2024 in Bologna wird in der für unsere Branche wichtigen Leitmesse ein Neuanfang sein. Wie bei allen Veränderungen müssen wir im ersten Schritt abwarten wie gut das neue Konzept und
der Standort von den Ausstellern und Besuchern angenommen wird. Meiner Meinung nach hängt der Erfolg am Ende von der Anzahl und Qualität der Fachbesucher ab, wir sind alle auf die Resonanz gespannt.
Den Organisatoren war es dabei besonders wichtig, einen Standort zu finden, der für die Messebesucher attraktiv ist. Bologna ist mit einem Besuch der historischen Altstadt in Verbindung
mit dem Hauptreiseziel, der World Brush Expo 2024, sicherlich für alle eine Reise wert. Wir freuen uns nach inzwischen acht vergangenen Jahren zur letzten Messe, viele unserer weltweiten Kunden wieder persönlich auf der Messe begrüßen zu dürfen und wünschen uns eine rege Teilnahme.