Belebung für die Innenstädte?

In weiteren zahlreichen Innenstädten werden in naher Zukunft Warenhäuser geschlossen, die vom Sanierungsprogramm der Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof betroffen sind. Eine Option, die aktuell diskutiert wird, ist die Nutzung der Immobilien durch Baumärkte. Was an diesen Überlegungen dran ist, dazu befragten wir Dr. Peter Wüst, Hauptgeschäftsführer des BHB – Handelsverband Heimwerken, Bauen und Garten e.V..

Dr. Peter Wüst, Hauptgeschäftsführer des BHB – Handelsverband Heimwerken, Bauen und Garten e.V.. (Foto: BHB)

BrushInsights: Mit der Schließung vieler Galeria Kaufhof oder Karstadt Filialen vollzieht sich ein weiterer Schritt in der Transformation der Innenstädte in Deutschland. Könnten Baumärkte die entstandenen Lücken in den Citys füllen?
Dr. Peter Wüst: Dieser Schritt war längst überfällig. Der Staat hat in diesem langen Prozess leider rund. 700 Mio. Euro verloren. Die Schließungen sind für die Mitarbeitenden natürlich ein Schicksalsschlag – dennoch ergeben sich daraus auch echte Chancen: Die Baumarkt- und Gartencenterbranche sucht händeringend nach weiteren Mitarbeitenden. Fähiges Verkaufspersonal kann hier jederzeit anknüpfen.
Ob die Handelsunternehmen der DIY-Branchen die Innenstadtlücken besetzen, hängt in erster Linie von der Entwicklung der Mieten ab. Die Innenstadtlagen sind seit vielen Jahren restlos überteuert. Dieses Mietniveau ist heute nicht mehr darstellbar – was man auch an den vielen Insolvenzen erkennt. Da muss sich sehr deutlich etwas bewegen!
Aber die Chancen sind auch hier vorhanden, denn es gibt einen Bedarf für Baumarkt- und Gartenartikel in Innenstadtlagen. Es wird seit Jahren mit Kleinflächenstandorten getestet. Dagegen läuft das allgemeine Mietniveau und die Zunahme des Online-Versands auch bei unseren Artikeln. Im Endeffekt ist es aber immer eine lokale Entscheidung, die an jedem Standort neu analysiert werden muss.

BrushInsights: Inwieweit bilden hier die IKEA-Filialen in Innenstädten eine Blaupause?
Dr. Peter Wüst: Dies ist nur sehr eingeschränkt der Fall – und es gilt vor allem für die speziellen Beratungslösungen bei Küchen, Bädern, Umbauten und Renovierungen sowie Gartenanlagen.

BrushInsights: Gibt es valide Zahlen zur Akzeptanz von Baumärkten in Innenstädten?
Dr. Peter Wüst: Das ist derzeit nicht der Fall. In zahlreichen Testformaten der Handelsunternehmen war die Akzeptanz für die Sortimente deutlich spürbar – allerdings waren die Feldversuche zu klein, um daraus Rückschlüsse auf tatsächliche Absatzpotenziale ziehen zu können.

BrushInsights: Welche Erfahrungen gibt es bereits mit Baumarkt-Innenstadt-Filialen?
Dr. Peter Wüst: Viele unterschiedliche, je nach den strategischen Ansätzen der einzelnen Unternehmen. Hier hat es ja bereits sehr unterschiedliche Formate gegeben – sei es als „Ideengeber“ quasi ohne Produktanbindung; als Nahversorger, speziell zugeschnitten für Bedürfnisse von Großstadtbewohnern; als kleines Flagship mit enger Anbindung an den nachgelagerten großen Markt draußen vor den Stadttoren. Ein Fazit konnten aber alle ziehen: Es ist derzeit Tatsache, dass es kein simpel multiplizierbares Format für Innenstadtlagen gibt. Und auch die Lieferlogistik stellt zusätzliche Hürden auf.

BrushInsights: Wie würde sich ein Baumarktsortiment anpassen müssen, um in 1a-Lagen eine Chance zu haben, oder handelt es sich um einen Onlineshop zum Anfassen?
Dr. Peter Wüst: Entlang der Achsen Beratung, Schnelldreher und Abholzentren.

www.bhb.org

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