Aufschlussreicher Blick in die Statistik
Seit November 2023 bietet der VDPB seinen Mitgliedern ein Online-Statistik-Portal mit aktuellen Informationen zur Konjunktur an. Über diesen Service, seine Entstehung und seine Vorteile sprachen wir mit VDPB-Geschäftsführer Thomas Holland-Letz.
brushinsights: Was waren die Gründe für die Einrichtung des Portals?
Thomas Holland-Letz: Ausschlaggebend war, dass wir die quartalsweise Abfrage und Auswertung unserer Konjunkturumfrage auf eine zeitgemäße Grundlage stellen wollten. Bislang lief die Abfrage über ein selbst programmiertes, nicht zukunftsfähiges System und die Auswertung erfolgte manuell. Zeitgleich ergab sich die Möglichkeit, ein vom Fachverband Werkzeugindustrie (FWI) entwickeltes Portal zu nutzen und an unsere Bedürfnisse anzupassen.
Wie gut wurde die Umstellung von den Mitgliedern angenommen?
Von Anfang an haben wir auf eine hohe Nutzerfreundlichkeit geachtet. Die Umstellung verlief daher relativ reibungslos. Die Teilnahme an der Umfrage ist höher als auf dem alten System. Mit der Umstellung haben wir auch die Zulieferer von Filamenten, Borsten, Draht etc. mit einer eigenen Kategorie in die Umfrage aufgenommen – mit einer sehr guten Resonanz.
Welche neuen Erkenntnisse ergaben sich daraus?
Die Angaben der Zulieferer runden das Gesamtbild ab. Interessanterweise schätzen diese Firmen ihre Lage und ihre Aussichten tendenziell schlechter ein als ihre Kunden.
Gibt es weitere Informationen auf dem Portal?
Als Zusatzangebot sind dort regelmäßig aktualisierte Informationen zur Konjunktur in wichtigen Abnehmerbranchen wie dem Handwerk und der Zulieferindustrie abrufbar sowie amtliche Statistiken zur Preisentwicklung von Vormaterialien, Energie und Fertigprodukten. Auch die quartalsweisen Außenhandelsstatistiken von EUROSTAT stellen wir zentral über das Portal zur Verfügung.
Wo gibt es noch Verbessrungspotenzial?
Leider beteiligen sich in einigen speziellen Produktgruppen nach wie vor nicht ausreichend viele Firmen, um hier eine separate Auswertung vornehmen zu können. Aus Compliance-Gründen müssen mindestens fünf Firmen in einer Produktgruppe melden, damit wir diese separat auswerten können. Hier müssen wir entweder weitere Firmen überzeugen oder die Produktgruppen weiter zusammenfassen.
Das VDPB-Portal auf Basis des FWI-Portals ist ein Synergieeffekt aus der Kooperation der beiden Verbände. Gibt es hier noch weitere Beispiele?
Bei gemeinsamen Themen wie Produktsicherheitsverordnung, Verpackungsgesetze und EU-Anti-Entwaldungsverordnung arbeiten beide Verbände eng zusammen. So können VDPB-Mitglieder an Informationsveranstaltungen des FWI ohne Mehrkosten teilnehmen.
Wie ist die Situation im 3. Quartal 2024?
Die schwierige Situation in den meisten Abnehmerbranchen wirkt sich auch auf die Pinsel- und Bürstenindustrie aus. Selbst das Handwerk, das in den bisherigen Krisen eine verlässliche Stütze war, zeigt seit diesem Jahr erste deutliche Schwächen. Betrachtet man die Salden der positiven und negativen Bewertungen der aktuellen Lage und der Prognosen für die nächsten drei Monate in Kombination, ist die deutsche Pinsel- und Bürstenindustrie nach der Definition des ifo-Instituts knapp in einer Rezessionsphase.
Was bedeutet in diesem Zusammenhang „knapp“?
Beide Indikatoren sind nur leicht im Minus. Deutlich verschlechtert seit dem 2. Quartal hat sich die Einschätzung der aktuellen Situation, während sich der Saldo der Erwartungen für die kommenden drei Monate sogar wieder leicht verbessert hat. Falls sich dieser Trend fortsetzt, könnten wir die Rezessionsphase relativ schnell hinter uns lassen und uns in eine Aufschwungphase bewegen, die durch eine weitere leicht negative Einschätzung der aktuellen Lage in Kombination mit zunehmend positiven Erwartungen gekennzeichnet wäre. Es ist unnötig zu erwähnen, dass viel von der weiteren politischen Entwicklung und den Rahmenbedingungen in Deutschland abhängen wird.
Gibt es Unterschiede bei Produkten für den gewerblichen und den privaten Bedarf?
Vergleichen wir beispielsweise die Lage bei den technischen Bürsten für den gewerblichen Bereich mit der bei den Haushaltsbürsten. In beiden Bereichen ist der Saldo der Einschätzungen zur aktuellen Situation mit 14,0 bzw. 14,9 fast identisch. Gewichtet nach Mitarbeiterzahlen wurde bei den Haushaltsbürsten sogar über 30 Prozent Kurzarbeit gemeldet, bei den Technischen Bürsten dagegen keine. Demnach scheinen also auch die privaten Abnehmer zu sparen, wobei Haushaltsbürsten ja in der Regel keine hochpreisigen Produkte sind. Ob deutsche Produkte zunehmend durch Importe ersetzt werden, kann man anhand der offiziellen Statistik leider nicht eindeutig feststellen, da die Haushaltsbürsten gemeinsam mit Bürsten für die Straßenreinigung erfasst werden, wobei es sich auch um Bürsten für Kehrmaschinen handeln kann. Dennoch hier zwei Zahlen: Der Import aus der EU und dem Vereinigten Königreich ist im ersten Halbjahr 2024 mengenbezogen um 23 Prozent, wertbezogen aber nur um drei Prozent gestiegen und der aus Asien um vier Prozent bzw. minus vier Prozent. Beides deutet auf einen Preisverfall hin.